Bei ihr gibt‘s Mode für Mollige
16.06.2012 Von Julia Rösch
Second-Hand-Mode für füllige Frauen ist kein einfaches Geschäftsfeld. Stella Stilgenbauer hat es dennoch für sich entdeckt – und die einzige Boutique dieser Art Frankfurts eröffnet. Ladeninhaberin Stella Stilgenbauer in ihrer Boutique "Stella‘s" im Sandweg, Frankfurts einzigem Second-Hand-Laden für Übergrößen. Foto: Salome Roessler Nordend. Stella Stilgenbauers Laden ist so bunt und blumig wie sie selbst: Eine Wand ist hellgrün, die andere rot gestrichen, auf etlichen Kleiderständern reiht sich ihr farbenfrohes Angebot: Blazer, Blusen, Jeans, T-Shirts, Schals. "Hier findet jeder etwas", ist die 45-Jährige überzeugt, "nur nicht immer das, was er gerade sucht. Das ist nun einmal Second Hand." Dafür ist jedes Teil einzigartig. Und in Größen erhältlich, die viele Frauen im Angebot von der Stange nicht finden. Stilgenbauer verkauft Übergrößen; von 40 bis 58 ist alles dabei. Ihr Shop ist der einzige in Frankfurt, der Neuware und gebrauchte Kleidung für füllige Damen anbietet. Dabei ist die Inhaberin selbst eher zierlich. Gerade verabschiedet sie strahlend eine Kundin, rückt ein paar Aufsteller zurecht und drapiert Halstücher um. Sie trägt eine weite gelbe Leinenhose und eine kurzärmelige Bluse, ihre Arme sind gebräunt; ein Mitbringsel aus dem Türkeiurlaub, den sie sich letztens erst gegönnt hat. Bis auf diese kleinen Auszeiten steht sie jeden Tag im Laden. Immer nachmittags, wenn sie ihren Zweitjob im Unternehmen ihrer Eltern beende hat. "Die Stelle gibt mir Sicherheit, aber selbstständig machen wollte ich mich dennoch. Das liegt bei uns in der Familie." Sandweg hat Potenzial Ebenso wie die Liebe zur Mode. Über ihre Mutter erfuhr Stilgenbauer vom Problem fülligerer Damen, die vor allem im Second-Hand-Angebot kaum Kleidung finden. Vor acht Jahren beschloss sie, das "Stella‘s" im Sandweg 24 zu eröffnen; eingeklemmt zwischen Dönerbuden und Casinos. Nein, gibt sie zu, ganz ideal ist die Lage nicht. "Deswegen habe ich auch den Gewerbeverein Nordend ins Leben gerufen. Der Sandweg hat Potenzial, er kann zur Flaniermeile werden. Momentan ist er eher noch ein Sorgenkind." Stilgenbauer streicht sich lächelnd eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie setzt sich gern für ihr Nordend ein, sitzt demnächst für die SPD im Ortsbeirat. "Man muss mit dem Herzen bei der Sache sein", sagt sie. Das gilt auch für ihre Boutique. Mode in Übergrößen zu verkaufen, ist nicht einfach, Second-Hand sowieso nicht. An beides zusammen traut sich kaum jemand heran. "Kaum eine Kleidermarke hat sich auf dicke Damen spezialisiert, weil die Figuren aber einer bestimmten Größe einfach sehr individuell sind. Hinzu kommen Second-Hand-Ketten, die Kleidung geschenkt nehmen und mit ehrenamtlichen Helfern arbeiten. Die sind starke Konkurrenten." Stilgenbauer hält mit Service dagegen. "Mir ist wichtig, dass sich meine Kunden bei mir wohlfühlen", sagt sie und weist auf die Sessel vor den Umkleidekabinen und die Kaffeemaschine, die auf dem Fensterbrett vor sich hin brodelt. "Ich setze auf gute Beratung. Mittlerweile haben meine Mutter, die mir im Geschäft hilft, und ich ein gutes Gefühl, was den unterschiedlichen Frauen steht. Das weiß vor allem die Stammkundschaft zu schätzen." Dazu gehören auch vereinzelt Männer, die sich bei ihr ihren Traum erfüllen, ab und zu Frauenkleidung zu tragen. Stilgenbauer zuckt mit den Schultern. "Bei mir sind alle willkommen. Ich habe keine Berührungsängste." Wohlfühlen ist wichtig Mit den Jahren hat sie eine beachtliche Auswahl zusammengestellt. Manche Sachen kauft sie direkt ein, andere bringen ihr Kunden vorbei. Getragene Kleidung nimmt sie in Kommission; wenn sie nach einer bestimmten Zeit nicht verkauft ist, gibt Stilgenbauer sie zurück. "Manchmal spreche ich auch Leute auf der Straße an, wenn mir ihr Stil gefällt, und drücke ihnen einen Flyer in die Hand", schmunzelt sie. Trends zu empfehlen, habe sie sich aber abgewöhnt. Ein paar Kleinigkeiten gilt es zu beachten; hohe Schuhe sind meist unvorteilhaft, ebenso kleine Taschen. "Ansonsten dürfen es auch gern Blumenmuster sein oder kräftige Farben. Hauptsache, die Frauen fühlen sich wohl."